Große Koalition setzt beim Thema Wohnen auf finanzielle Anreize

Nach einem scheinbar nicht enden wollenden Verhandlungsmarathon haben sich die Spitzen von Union und SPD nun doch zu einer Neuauflage der Großen Koalition auf Bundesebene durchgerungen. Wohnungspolitisch setzt die neue Regierung in erster Linie auf finanzielle Anreize – unter anderem mit einem Baukindergeld soll insbesondere günstiges Wohnen gefördert werden. Doch die neue Subvention ist in Fachkreisen umstritten.

Union und SPD wollen darüber hinaus durch eine Reform der Grundsteuer mehr Bauland für neue Wohnungen gewinnen. Die Parteien haben sich darauf verständigt, dass die von den Kommunen erhobene Steuer modernisiert werden soll. Im Mittelpunkt der Überlegungen steht die Einführung einer Grundsteuer C, mit der ungenutztes Bauland stärker besteuert werden soll. Ziel der Reform ist es, Grundstücksspekulationen entgegenzutreten, indem Kommunen baureife, aber unbebaute Grundstücke höher besteuern dürfen als bebaute. Insgesamt fließen durch die Grundsteuer fast 14 Milliarden Euro im Jahr in die Kassen von Städten und Gemeinden. Zudem wollen Union und SPD ein Baukindergeld in Höhe von 1.200 Euro pro Kind und Jahr einführen, das jungen Familien den Weg zum Eigenheim erleichtern soll. Das Baukindergeld soll bis zu einem zu versteuernden Haushaltseinkommen von 75.000 Euro plus 15.000 Euro Freibetrag je Kind gewährt werden und über eine Dauer von zehn Jahren gezahlt werden. Die Kosten für diese Maßnahme werden nach ersten Berechnungen auf rund 440 Millionen Euro pro Jahr beziffert.

Auch für Mieter soll es Verbesserungen geben: So soll die Modernisierungsumlage, mit der Vermieter Kosten auf die Mieter umlegen können, von elf auf acht Prozent abgesenkt werden, um Mietern Ängste zu nehmen, dass hohe Modernisierungskosten auf sie zukämen. Es steht eine Kappungsgrenze im Raum, damit Mieten bezahlbar blieben. Ebenso wird es bei der Mietpreisbremse  eine Verschärfung geben: Bisher sieht das Instrument vor, dass bei der Wiedervermietung die Miete höchstens auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete plus zehn Prozent angehoben werden darf. Nun ist geplant, dass die vorherige Miete offengelegt werden muss, was bisher nicht der Fall war.

„So richtig und notwendig das Ziel der großen Koalition ist, 1,5 Millionen Wohnungen zu schaffen: Bei der Verwirklichung drohen sich die Parteien selbst ein Bein zu stellen“, warnt derweil Andreas Ibel, Präsident des BFW-Bundesverbands, im Hinblick auf die wohnungspolitischen Pläne von Union und SPD. „Mit dem Baukindergeld, der Einführung der degressiven AfA in den Ballungsgebieten und der Verlängerung der Mittel für den Sozialen Wohnungsbau setzen die Parteien auf finanzielle Anreize. Zugleich verschärfen sie jedoch den bestehenden Regulierungsdschungel, statt ihn zu lichten. Es ist zu befürchten, dass sich diese gegenläufigen Tendenzen letztlich neutralisieren und der positive Effekt verpufft.“

Ibel warnte die Parteien vor einem falschen Fokus auf das Mietrecht: „Durch eine Verschärfung der Mietpreisbremse wird nicht eine einzige zusätzliche, bezahlbare Wohnung geschaffen, sondern lediglich an Symptomen herumgedoktert. Ein falsches Gesetz wird auch durch eine Verschärfung nicht besser. Stattdessen muss an den Ursachen angepackt und der Neubau von mehr bezahlbarem Wohnraum ermöglicht werden. Dazu brauchen wir einen Dreiklang aus Anreizen, der Rückkehr zur Einfachheit und einen Abbau des Regulierungsdschungels. Nur so entstehen bezahlbare Mieten!“

Dabei dürfe nicht nur auf kurzfristige finanzielle Anreize gesetzt werden, da diese nur Investorengruppen, die lediglich an Mitnahmeeffekten interessiert seien, anlocken werden. Dazu Ibel: „Die mittelständische Immobilienbranche, die für das Gros des Neubaus verantwortlich ist, benötigt endlich wieder langfristige und verlässliche Rahmenbedingungen. Wir müssen nachhaltig planen und bauen und können nicht in Legislaturperioden denken!“. Deshalb wäre aus Sicht des BFW die Erhöhung der linearen Abschreibung auf mindestens drei Prozent im Koalitionsvertrag dringend notwendig. Ebenso wichtig wäre eine Entschlackung und Flexibilisierung des Ordnungsrechts, um Bauen wieder einfacher, schneller und bezahlbarer zu machen. Dies sei auch ohne milliardenschwere Investitionen des Staats umsetzbar. Zu kurz gedacht sei auch die Subventionierung durch das Baukindergeld, warnt Ibel: „Diese Maßnahme alleine ist nicht ausreichend. Zusätzlich ist eine bundesweite Senkung der Grunderwerbsteuer notwendig, um die Kaufnebenkosten dauerhaft zu dämpfen. Wird hier nicht angepackt und der Steuerwettlauf der Länder gestoppt, wird die Baukindergeld-Förderung durch den Bund schon von vornherein ad absurdum geführt.“

Die klimapolitischen Vorhaben im Gebäudesektor ließen derweil auf ein neues Denken in diesem Bereich hoffen, sagt der BFW-Präsident: „Es ist richtig und wichtig, dass sich die Parteien auf eine Beibehaltung des geltenden Energiestandards EnEV 2016 festlegt haben. Die Immobilienbranche ist ein Vorreiter in Sachen Energieeinsparung und das Einsparpotenzial beim Neubau deshalb bereits ausgeschöpft. Deshalb ist es sinnvoll, dass Union und SPD die Umsetzung der Energiewende im Bestand mit steuerlichen Anreizen bei der energetischen Gebäudesanierung unterstützen wollen.“

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