Mehr Handlungsspielraum für Bausparkassen

Der Bundesrat hat am 3. Dezember 2016 der Novellierung des Bausparkassengesetzes zugestimmt. Die Gesetzesänderung ist am 1. Januar in Kraft getreten. Diese beinhaltet unter anderem eine Ausweitung der Kreditvergabe der Bausparkassen, die Anhebung der Beleihungsgrenzen von 80 auf 100 Prozent des Beleihungswerts sowie die Erlaubnis zur Emission von Hypothekenpfandbriefen.

Außerdem dürfen Bausparkassen einen Teil ihrer Liquidität in Aktien anlegen, allerdings erst ab 2017. Über die Details soll die Finanzaufsicht BaFin noch eine Anlageverordnung erarbeiten. In einer Stellungnahme begrüßte der Verband der privaten Bausparkassen die Novellierung. Damit werde das bewährte Spezialbankenprinzip gefestigt und die Widerstandsfähigkeit der Bausparkassen insbesondere gegen die von der Europäischen Zentralbank verordnete Nullzinspolitik erhöht.

Die Bausparkassen waren aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsen unter Druck geraten. So weisen beispielsweise viele ältere Bausparverträge noch hohe Guthabenzinsen auf, die die Bausparkassen bedienen müssen, obwohl dieses Zinsniveau im derzeitigen Umfeld nicht zu erreichen ist. Der Gesetzgeber will daher mit der Änderung des Bausparkassengesetzes die Anbieter von Bausparverträgen stärken. Dazu sind verschiedene Maßnahmen vorgesehen. Der Gesetzesentwurf sieht unter anderem den Wegfall der Grenze von 80 Prozent des Beleihungswertes vor. Unter diesem Wert versteht man die Kreditsicherheit der Immobilie, also den zu erwartenden Erlös aus dem Verkauf des Hauses oder der Wohnung, der ohne weiteres zu realisieren ist. Künftig können Bausparkassen Darlehen in Höhe von 100 Prozent des Beleihungswertes ausgeben.

Der Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Privaten Bausparkassen Andreas J. Zehnder erklärt, dass dadurch „verstärkt Finanzierungen aus einer Hand möglich“ wären. „In der Praxis müssen Bausparkassen den Finanzierungsanteil zwischen 80 und 100 Prozent heute an Wettbewerber abgeben oder mit administrativ aufwendigen Bürgschaften absichern, wenn sie den Kunden nicht ganz verlieren wollen.“ Das werde sich mit den Neuregelungen ändern.

Gebäudeversicherung nicht mehr verpflichtend

Wie der Finanzausschuss betonte, diene die Novellierung des Bausparkassengesetzes vor allem dazu, den Bausparkassen die Möglichkeit zu geben, „Geld besser anzulegen, zum Beispiel in Aktien.“ Auch die Verwendung der Gelder aus den Bausparguthaben soll liberalisiert werden. Zehnder erklärt dazu: „Wenn die Bausparguthaben künftig auch für die Vergabe nicht bausparunterlegter Baudarlehen genutzt werden können, kann dies auf der Finanzierungsseite helfen, das Zinsergebnis zu verbessern; heute müssen dafür außerkollektive Mittel aufgenommen werden. Gleiches gilt für die Refinanzierungsseite durch die Möglichkeit, Pfandbriefe herauszugeben.“

Allerdings gibt es auch kritische Stimmen hinsichtlich der gelockerten Regulierungen. Sowohl die Linksfraktion als auch Bündnis 90/Die Grünen hatten sich gegen den Gesetzesentwurf ausgesprochen, da ihrer Ansicht nach die Kunden nur unzureichend vor Finanzschwierigkeiten der Bausparkassen geschützt seien und auf die Fehlentwicklungen im Bausparkassenwesen nicht reagiert werde.

Eine weitere Neuerung des Bausparkassengesetzes ist der Wegfall der Gebäudeversicherungspflicht. Bisher müssen grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen mittels einer Gebäudeversicherung geschützt werden. Die Immobilie gilt bei Bauspardarlehen als Sicherheit. Wird diese beispielsweise durch ein Feuer zerstört, droht der Bausparkasse der Verlust der Restschuldsumme, wenn der Kreditnehmer in Zahlungsschwierigkeiten gerät. Wird der Gesetzesentwurf in der jetzigen Überarbeitung umgesetzt, können die Bausparkassen selbst entscheiden, ob sie auf eine Gebäudeversicherung bestehen.

Fotonachweis: Fotolia, Aycatcher