Rechtsausschuss im Bundestag empfiehlt die Einführung virtueller Eigentümerversammlungen

Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hat mit breiter Zustimmung im Parlament den Gesetzentwurf zur Einführung virtueller Eigentümerversammlungen und zur Erleichterung der Nutzung von Steckersolaranlagen angenommen. Der seit über einem Jahr vorliegende Gesetzentwurf, der nun mit einem Änderungsantrag zur Abstimmung vorgelegt wurde, zielt darauf ab, Wohnungseigentümergemeinschaften, kurz WEGs, eine moderne und flexible Form der Versammlung zu ermöglichen und gleichzeitig den Ausbau erneuerbarer Energien zu fördern.

Das neue Gesetz sieht vor, dass Wohnungseigentümerversammlungen künftig auch vollständig virtuell abgehalten werden können. Neben der traditionellen Präsenzversammlung und der hybriden Versammlung, die eine Kombination aus physischer und virtueller Teilnahme darstellt, wird die virtuelle Versammlung als zusätzliche Option eingeführt. Eine virtuelle Versammlung kann jedoch nur durchgeführt werden, wenn mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen in einer Eigentümerversammlung dafür stimmen. Ein entsprechender Beschluss gilt zunächst für drei Jahre.

Martin Kaßler, Geschäftsführer des Verbands der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV), betont die Vorteile der neuen Regelung: „Online ist kostensparend und effizient – und fördert noch dazu die Beteiligung.“ Gegner der rein virtuellen Versammlung bevorzugen hybride Versammlungen, die laut VDIV zwar in der Theorie gut klingen, in der Praxis aber problematisch sind[AW1] [ET2] : Die Bereitstellung der nötigen Technik und Räumlichkeiten ist teuer und ineffizient. Virtuelle Versammlungen während der Corona-Pandemie haben gezeigt, dass sie zu einer höheren Beteiligung und schnelleren Beschlussfassung führen, was besonders für dringende Maßnahmen wie energetische Sanierungen und die Nutzung von Förderprogrammen wichtig ist.

Der Gesetzesentwurf beinhaltet eine wichtige Übergangsregelung: Bis einschließlich 2028 müssen Wohnungseigentümergemeinschaften, die sich für virtuelle Versammlungen entschieden haben, mindestens einmal jährlich eine Präsenzversammlung abhalten, es sei denn, alle Eigentümer stimmen einstimmig dafür, darauf zu verzichten. Ein Verstoß gegen diese Pflicht führt jedoch nicht zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit der in virtuellen Versammlungen gefassten Beschlüsse. So geht die persönliche Kommunikation und der direkte Austausch unter den Eigentümern nicht komplett verloren.

Im Zuge der Energiewende und vor dem Hintergrund der geopolitischen Lage müssen erneuerbare Energien verstärkt ausgebaut werden. Aus diesem Grund ist auch die erleichterte Nutzung von Steckersolargeräten, sogenannten Balkonkraftwerken, Teil des neuen Gesetzes. Künftig können Wohnungseigentümer das Recht auf die Installation solcher Geräte beanspruchen, um selbst Strom zu erzeugen.

In der politischen Abstimmung fanden die Änderungen breite Unterstützung: Die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie die CDU/CSU-Fraktion und die Gruppe Die Linke stimmten dem Gesetzentwurf zu. Die AfD-Fraktion hingegen lehnte den Entwurf ab.

Das Gesetz stellt einen wichtigen Schritt zur Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung von WEGs dar. „Für Immobilienverwaltungen wird es den Arbeitsalltag erleichtern und das Berufsbild stärken. Und der Gesetzgeber kann darauf bauen, dass Gemeinschaften zu schnelleren Beschlüssen kommen, um die Klimawende voranzubringen“, so VDIV-Deutschland Geschäftsführer Martin Kaßler in Berlin.


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