BFW kritisiert Reformeifer beim Mietrecht

Das Bundesjustizministerium arbeitet derzeit an einem Gesetzesentwurf für die zweite Stufe der Mietrechtsreform, der in diesem Frühjahr vorgestellt werden soll. Details sind zwar noch nicht spruchreif, allerdings plant der zuständige Minister Heiko Maas massive Verschärfungen zum Schutz der Mieter, wie ein Eckpunktepapier vermuten lässt, das dem BFW vorliegt.

Bei der auf Bundesebene heftig umstrittenen Reform geht es um zwei wesentliche Punkte: Zum einen soll die Möglichkeit für Vermieter, Modernisierungskosten auf ihre Mieter umzulegen, deutlich eingeschränkt werden. Zudem ist angedacht, den Beobachtungszeitraum von Mietspiegeln erheblich auszuweiten. Das würde Mieterhöhungen in laufenden Verträgen ebenso erschweren wie bei Neuvermietungen.

Das Vorhaben geht zurück auf eine Absprache im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD. Nachdem der Bundestag im April die Mietpreisbremse und das Bestellerprinzip für Maklerkosten verabschiedet hat (wir haben berichtet), folgt nun das zweite Reformpaket. Mieter müssten noch stärker vor finanzieller Überforderung geschützt werden, schreibt Maas.

Das Justizministerium schlägt vor, den Prozentsatz, mit dem die Modernisierungskosten bei der Miete berücksichtigt werden, von 11 auf 8 Prozent abzusenken. Gleichzeitig soll für Mieterhöhungen nach Modernisierung eine Kappungsgrenze eingeführt werden. Die Miete soll in einem Zeitraum von acht Jahren um nicht mehr als 50 Prozent und maximal vier Euro pro Quadratmeter steigen können. Zudem soll der Bezugszeitraum der ortsüblichen Vergleichsmiete von 4 auf 10 Jahre verbreitert werden. Eine Grundsanierung veralteter Bestände ist nicht mehr möglich.

Allein eine Absenkung der modernisierungsbedingten Mieterhöhung auf 10 Prozent hätte bereits ein Investitions- und Modernisierungshindernis dargestellt, wie ein Gutachten des Forschungsinstituts InWIS nachweist. Dort heißt es: „Schon eine Verringerung der Mieterhöhungsmöglichkeit von 11 auf 10 Prozent macht viele Modernisierungen nicht mehr attraktiv. Sie sind nicht mehr wirtschaftlich darstellbar. Die nun geplante, deutlich stärkere Absenkung auf acht Prozent hätte noch viel schlimmere Folgen. Das wäre das Ende der klimapolitisch notwendigen energetischen Sanierungen – die Politik würde damit selbst für ein Scheitern der Energiewende sorgen.“

Erschwert werden zudem Mieterhöhungen sowohl im Bestand wie auch – in Großstädten oder anderen Ballungsgebieten – bei Neuvermietungen. Die unterschiedlichen Kappungsgrenzen hierfür orientieren sich an der ortsüblichen Vergleichsmiete. Diese wird vor allem in größeren Städten durch Mietspiegel ermittelt, die die Miethöhe vergleichbarer Immobilien erfassen – allerdings nur, wenn der Mietvertrag in den vergangenen vier Jahren zustande gekommen ist. Diese Berechnungsgrundlage will Ressortchef Maas auf zehn Jahre ausweiten, was den maßgeblichen Durchschnittswert senken würde. „Insbesondere ältere Neuvertragsmieten können durch die Verbreiterung des Bezugszeitraums besser abgebildet und gewichtet werden“, heißt es zur Begründung.

Kriterien für Erstellung von Mietspiegeln werden in Verordnung festgelegt

In einer Verordnung sollen genauere Kriterien für die Erstellung solcher Mietspiegel festgelegt werden. Bislang wurde häufig darüber gestritten, ob eine solche Statistik als qualifiziert gilt und deshalb von Gerichten als Beweis anerkannt wird. Wird sie einvernehmlich von der jeweiligen Gemeinde sowie den Vermieter- und Mieterverbänden aufgestellt, soll eine gesetzliche Vermutung bestehen, dass sie korrekt ist. Dennoch können Mieter, die sich gegen eine Erhöhung wenden, die Berechnungen durch einen Gutachter prüfen lassen. In vielen Kommunen gibt es allerdings nur – wenn überhaupt – einfache Mietspiegel, deren Beweiswert geringer ist. Sie sollen ihre Daten stärker dokumentieren. Schließlich sollen Vermieter Miete, Nebenkosten und Mieterhöhungen nur noch für die tatsächliche Wohnfläche verlangen können. Das hat der Bundesgerichtshof kürzlich schon für einen Teilbereich entschieden.

„Obwohl die Immobilienwirtschaft jährlich fast 40 Milliarden Euro in die energetische Sanierung der Wohnbestände investiert, wird in weniger als 0,02 Prozent aller Mietverhältnisse über die Mieterhöhung nach Modernisierung vor Gericht gestritten“, kommentiert BFW-Präsident Andreas Ibel im Hinblick auf das Eckpunktepapier des Justizministeriums die neue Beratungs- und Prozessstatistik des Deutschen Mieterbunds. „Das zeigt, dass die neuerlichen Überlegungen zu Veränderung in diesem Bereich an den wirklichen Problemen zwischen Mietern und Vermietern vorbeigehen. Stattdessen gefährden sie die deutschen Klimaschutzziele, den altersgerechten Umbau und unzählige Aufträge für Handwerk, Bauindustrie und Baustoffhandel.“

Die Jahresauswertung 2014 des Deutschen Mieterbunds verdeutliche, dass nur 3,1 Prozent aller Beratungsgespräche zum Thema Modernisierung durchgeführt wurden. Bei rund 23,7 Millionen Mietverhältnissen in der Bundesrepublik hatten also nur 0,14 Prozent der Mieter diesbezüglichen Beratungsbedarf. Von den 300.000 bei Gericht anhängigen Mietstreitigkeiten hatten nur 1,9 Prozent Mieterhöhungen nach Modernisierung zum Gegenstand. „Das zeigt, dass die bestehende Regelung – von wenigen Ausnahmefällen abgesehen – sowohl von Mietern als auch Vermietern in bestem Einvernehmen gehandhabt wird“, so Ibel. „Hier wird ein absolutes Missverhältnis zwischen dem Reformeifer beim Mietrecht im Bundesjustizministerium und der eigentlichen Notwendigkeit offensichtlich.“

“Um Mieter vor überzogenen Mietpreissteigerungen in Deutschland zu schützen, gibt es nur eine einzige, wirklich notwendige Maßnahme: mehr Wohnraum zu schaffen“, resümiert Ibel. „Dazu hat das Bündnis für bezahlbares Bauen und Wohnen eine Reihe konkreter Handlungsempfehlungen vorgelegt. Die politischen Akteure sollten sich nun auf deren Umsetzung konzentrieren, statt Scheinkämpfe beim Mietrecht auszufechten. Davon würden sowohl Mieter als auch Vermieter wesentlich mehr profitieren.“

Fotonachweis: BFW Baden-Württemberg