Prüfung und Optimierung von Heizungsanlagen: worauf Immobilienbesitzer und Verwalter ab dem 1. Oktober 2024 achten sollten
In unserer Interview-Reihe „Im Fokus“ verraten Expertinnen und Experten der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, was die Branche wirklich bewegt. In dieser Ausgabe berichtet Katja Gieseking, Geschäftsführerin der myWarm Deutschland GmbH, worauf die Immobilienbranche ab dem 1. Oktober mit der Inkrafttretung des §§ 60b und 60c des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) achten sollten.
Auf dem Weg zur Klimaneutralität steht die Immobilienwirtschaft vor einschneidenden Veränderungen. In den vergangenen Jahren ist eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen in Kraft getreten, die Eigentümer dazu verpflichtet, ihre Immobilien energetisch auf den aktuellen Stand zu bringen.
iwm-aktuell: Liebe Frau Gieseking, warum ist der 1. Oktober 2024 ein wichtiger Termin für die Immobilienbranche?
Katja Gieseking: Zu diesem Datum treten die §§ 60b und 60c des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in Kraft. Diese befassen sich mit der Prüfung und Optimierung älterer Heizungsanlagen wie dem Hydraulischen Abgleich und dessen konkreter Umsetzung.
Was genau ändert sich?
Seit 01.10.2022 mussten Eigentümer großer Gebäude mit Gaszentralheizung nach §3 der EnSimiMaV (Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung) bereits einen hydraulischen Abgleich vornehmen – sofern dieser bisher nicht durchgeführt wurde. Dies betraf Gewerbeimmobilien ab 1.000 m² Nutzfläche sowie große Wohngebäude mit mindestens sechs Wohneinheiten.
Jetzt schreibt das GEG den hydraulischen Abgleich auch für große Liegenschaften mit anderen Brennstoffen vor, sofern Wasser als Wärmeträger verwendet wird. Dies gilt für a) die Inbetriebnahme einer Heizungsanlage im Neubau, b) den Heizungstausch im Bestand, wozu übrigens auch der Anschluss an die Fernwärme zählt, und c) die Heizungsprüfung in Bestandsgebäuden, bei der gemäß § 60b GEG festgestellt wurde, dass das Gebäude nicht hydraulisch abgeglichen ist.
Welche Fristen sind zu beachten?
Nicht abgeglichene Heizungsanlagen, die vor dem 01.10.2009 aufgestellt wurden, sind bis zum 30. September 2027 hydraulisch abzugleichen. Für Heizungsanlagen, die nach dem 01.10.2009 aufgestellt wurden, gilt, dass sie umgehend innerhalb eines Jahres abzugleichen sind, sofern die Aufstellung der Heizanlage 15 Jahre zurückliegt.
Was bewirkt ein hydraulischer Abgleich?
Mit dem hydraulischen Abgleich wird sichergestellt, dass in einer Heizungsanlage stets die richtige Wassermenge bei jeder Gesamtlast zur geforderten Zeit und an jedem Ort im Haus verfügbar ist. Und dies mit geringster Pumpenleistung, effizienzoptimierten Vor- und Rücklauftemperaturen sowie gleichen Raumtemperaturen in gleich gewidmeten Räumen.
Um einen hydraulischen Abgleich herzustellen, stehen grundsätzlich zwei Wege zur Verfügung: das gewöhnliche Berechnungsverfahren (zugelassen ist ausschließlich Verfahren B der VdZ-Fachregel) oder messtechnische Verfahren, zu denen auch das temperaturbasierte Verfahren der Firma myWarm – eine Unternehmenstochter der METRONA München – gehört.
Dieses patentierte Verfahren beruht auf der Erhebung einer Vielzahl von Temperaturdaten an jeder Heizfläche, in jedem Raum an Vor- und Rücklauf sowie der Außenumgebung. Die Analyse der über Sensoren kontinuierlich übermittelten Daten erfolgt über eine KI-gestützte Software, die sowohl die Raumheizlasten ermittelt, als auch die Ventileinstellungen automatisiert über eigens montierte Stellantriebe vornimmt.
Der große Vorteil: Zur Ermittlung der Heizlast sind weder Gebäude- oder raumweise Bauteilinformationen, noch Planungsleistungen nötig. Deswegen bietet sich das Verfahren gerade für größere Gebäude im Bestand an.
Im Vergleich zum Berechnungsverfahren erzielt das myWarm-Verfahren eine exaktere Einstellung der Gesamtheizungsanlage. Insgesamt sind damit Energie-Einsparpotenziale von bis zu 35 Prozent möglich – im Durchschnitt werden 18 Prozent erzielt. Das Verfahren entspricht den Anforderungen des GEG und ist bereits seit dem Jahr 2017 als gleichwertig zu Verfahren B durch das Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden zertifiziert.
myWarm bietet den hydraulischen Abgleich von der Mieterkommunikation bis zur Einstellung der Regelungsparameter am Wärmeerzeuger komplett aus einer Hand an, wodurch sich der Koordinierungsaufwand bei den Verantwortlichen auf ein Minimum reduziert.
Was kommt auf uns in Zukunft zu?
Die aktuellen Regelungen verpflichten Gebäudeeigentümer dazu, Gebäude verfahrenskonform hydraulisch abzugleichen. Alle bisher vom SHK-Handwerk eingesetzten Lösungen auf Basis von vereinfachten Berechnungsverfahren sind in größeren Liegenschaften nicht mehr erlaubt. Aber: Eine energieeffiziente Heizungsanlage spart wertvolle Primärenergie und senkt den CO2-Ausstoß, was sich positiv auf den Gebäudewert auswirkt.
Bildquelle: myWarm Deutschland GmbH
Schlagwörter: Digitalisierung, Immobilienwirtschaft, Wohnungswirtschaft, Zukunft