Ein Instrument der Handlungssicherheit

Städtebauliche Verträge werden immer wichtiger für die Realisierung von Bauvorhaben. Sie vereinbaren die Ziele der Kommunen und deren Planungsvorstellungen und schaffen die Basis für die Projekte privater Investoren. Laut der württembergischen Notariatsassessorin Christiane Stoye-Benk ist bei der Ausgestaltung jedoch Vorsicht geboten, wie die Expertin bei einem Praxisseminar des BFW-Landesverbands in Stuttgart deutlich machte: Denn nicht alles, was städtebauliche Verträge beinhalten können, ist nur gut.

„Der vorhabenbezogene Bebauungsplan hat inzwischen eine Bedeutung erlangt, die er ursprünglich gar nicht haben sollte. Er hat sich jedoch als Instrument erwiesen, das insbesondere bei der Innenverdichtung eine wichtige Rolle spielt“, so Stoye-Benk. Vor diesem Hintergrund gelte es sowohl für Kommunen als auch Investoren zu bedenken, dass die von vielen Seiten gewünschte Urbanität nur dann entstehen könne, soweit sie letztlich auch gelebt werde. „Deshalb sollte der städtebauliche Vertrag hierzu der Baustein sein. Der Endnutzer, für den die Wohnungen gebaut werden, versteht jedoch häufig etwas anderes unter Urbanität als die Stadtentwickler.“ Hinzu komme, dass im Rahmen von Konzeptvergaben, die letztlich zum Abschluss eines städtebaulichen Vertrags führen, zahlreiche unterschiedliche Interessen vereint werden müssten, was häufig eine lange Vorbereitungszeit in Anspruch nehme und allen Beteiligten viel abverlange.

Als Beispiel führte die Expertin die Neuplanung des Olga-Areals in Stuttgart-West an. „Von der ersten Idee bis zum tatsächlichen Baubeginn hat es dort mehr als zehn Jahre gebraucht. Nachdem der Bezirksbeirat West bereits 2006 die Wohnbebauung des Areals beschlossen hatte, ist der zugehörige Bebauungsplan aber erst 2016 inkraftgetreten.“ Auch bei diesem Großprojekt müsse der städtebauliche Vertrag letztlich als Instrument betrachtet werden, das in Zeiten von Flächenknappheit die Chance bietet, in den Innenstädten Baulücken zu schließen und weiter zu bauen. „Und er dient auch dazu, Innenentwicklungsmodelle schonend umzusetzen“, so Stoye-Benk weiter.

Eine wichtige Themenstellung für Bauträger sieht die Juristin in der Frage, welche geänderten Lebensmodelle zu welchen neuen Wünschen nach urbanem Wohnraum führen. „Dazu zählt sowohl das Nebeneinander von Gewerbe und Wohnen als auch das Nebeneinander von Freizeitflächen und Wohnraum.“ Ein städtebaulicher Vertrag könne quasi ein Aushandlungsmodell sein, in dem all diese Fragen beantwortet werden. „Die absolute Planungshoheit verbleibt jedoch stets bei der Kommune, das heißt eine Ankündigung, Baurecht schaffen zu wollen, ist noch lange kein Beschluss. Denn ein städtebaulicher Vertrag bedarf immer der Schriftform und muss von einem Vertretungsberechtigten der Stadt unterzeichnet werden.“

Bei der Ausgestaltung eines städtebaulichen Vertrags gelte es vielfältige Regelungskomplexe zu beachten, da Grundsätze des allgemeinen BGB nur eingeschränkt Anwendung finden. Stoye-Benk: „Der Grundsatz der Angemessenheit gilt jedoch überall. Er schützt den privaten Vertragspartner. Denn der wirtschaftliche Wert von Leistung und Gegenleistung muss in einem vertretbaren Verhältnis zueinander stehen. Genauso bedeutend ist das Koppelungsverbot: Es besagt, die öffentliche Hand darf sich nichts abkaufen lassen, was sie von sich aus gewähren müsste. Außerdem dürfen keine sachfremden Dinge mit dem Vorhaben verknüpft werden. Das zeigt: Es gibt sehr wohl strikte Grenzen, die die öffentliche Hand beachten muss.“

HINTERGRUND

Städtebaulicher Vertrag

Der städtebauliche Vertrag ist ein Mittel der Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit privaten Investoren. Er wird meist im Zusammenhang mit einem Bebauungsplanverfahren geschlossen. Städtebauliche Verträge sind in Paragraf 11 des Baugesetzbuches (BauGB) geregelt und stellen eine Sonderform der öffentlich-rechtlichen Verträge dar. Sie dienen der Erfüllung städtebaulicher Aufgaben und ergänzen somit das hoheitliche Instrumentarium des Städtebaurechts. Wenn die Gemeinde dagegen schlicht als Käufer oder Verkäufer eines Grundstücks auftritt, handelt es sich in der Regel um einen privatrechtlichen Grundstückskaufvertrag. Städtebauliche Verträge lassen sich in Maßnahmen-, Zielbindungs- und Folgekostenverträge einteilen. Sie müssen dem Angemessenheitsgebot entsprechen, dürfen dem Koppelungsverbot nicht widersprechen und bedürfen der Schriftform.

Vorhabenbezogener Bebauungsplan

Der vorhabenbezogene Bebauungsplan ist eine Sonderform des Bebauungsplans, die Anwendung findet, wenn ein bereits präzise umrissenes Projekt von einem Vorhabenträger realisiert werden soll. Der Vorhaben- und Erschließungsplan wird zwischen Vorhabenträger und Kommune auf Grundlage des Baugesetzbuches abgestimmt. Über einen Durchführungsvertrag regelt die Kommune mit dem Investor die zu erbringenden Erschließungsmaßnahmen. Einzelne Flächen außerhalb des Bereichs des Vorhaben- und Erschließungsplans können in den vorhabenbezogenen Bebauungsplan einbezogen werden. Die kommunale Verantwortung für die städtebauliche Planung bleibt dabei unberührt.

 

Bildnachweis: BFW Baden-Württemberg

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