Modernisierungsoffensive für die Bauindustrie
Mit modernsten digitalen Methoden sollen Bauprojekte effizienter und im Zeit- und Kostenrahmen realisiert werden. Ein von Bundesminister Alexander Dobrindt vorgestellter Stufenplan sieht die verbindliche Einführung von Building Information Modeling (BIM) bei der Planung und Realisierung großer Verkehrsprojekte vor. Was dies für die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft bedeutet, erläuterte Digitalisierungsexperte Marc Schmidt beim Neujahrsempfang des BFW Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland.
Einführung von Building Information Modeling
Mit BIM wird digital geplant und dabei eine synchronisierte Datenbasis hergestellt, die alle Abläufe und Teilaspekte verbindet und auf die alle Projektbeteiligten zugreifen können. Dadurch werden alle Informationen transparent vernetzt, wodurch Auswirkungen einer Änderung auf alle anderen Teilbereiche in Echtzeit sichtbar werden. Zeitpläne, Kosten und Risiken können so früher und präziser ermittelt und optimiert werden. Dobrindt spricht in diesem Zusammenhang von einer „Modernisierungsoffensive für die weltweit tätige deutsche Bauindustrie“.
Dobrindts Stufenplan sieht die Einführung von BIM in drei Schritten vor: Nach einer Vorbereitungsphase bis 2017 und einer Pilotphase bis 2020 soll BIM ab 2020 bei allen neu zu planenden Projekten des BMVI eingesetzt werden. Zuvor werden die dafür erforderlichen rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen geschaffen und Standards festgelegt. Ziel ist es, das digitale Planen und Bauen bundesweit zum Standard zu machen.
Der Begriff Building Information Modeling beschreibt eine Methode der optimierten Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden mit Hilfe von Software. Dabei werden alle relevanten Gebäudedaten digital modelliert, kombiniert und erfasst. Das Gebäude ist als virtuelles Gebäudemodell auch geometrisch visualisiert. Zur Kostenkalkulation wird eine Mengenermittlung auf Basis der Zeichnungen erstellt. Dazu ist eine Verknüpfung der Geometrien mit qualitativ und monetär definierten Leistungsbestandteilen erforderlich, sodass die einzelnen Mengendetails in Leistungspositionen aufsummiert werden können.
Tritt eine Änderung der Planung auf, müssen die Zeichnungen geändert werden, die Mengenermittlung muss angeglichen werden, alle Beteiligten erhalten aktualisierte Zeichnungen und müssen diese mit ihren Fachplanungen abgleichen. Dies verursacht einen erheblichen Koordinierungs- und Arbeitsaufwand, der mit BIM deutlich reduziert werden kann. Mit BIM nimmt der Architekt oder Fachplaner Änderungen an der Projektdatei vor. Diese Änderungen sind für alle Beteiligten, sowohl als Zeichnung als auch als Datenpaket, direkt verfügbar. Massen und Stückzahlen, die zum Beispiel als Grundlage zur Kostenkalkulation dienen, werden automatisch abgeglichen. Beispielsweise kann sich aufgrund von Änderungen im Grundriss die Zahl und Beschreibung der Türen in einem Gebäude ändern. Der Architekt ändert die Türen im virtuellen Gebäudemodell. Damit wird automatisch die Türliste verändert und bei entsprechender Verknüpfung sieht man die unmittelbare Auswirkung auf die Kosten. Durch den verbesserten Datenabgleich soll letztendlich die Produktivität des Planungsprozesses hinsichtlich Kosten, Terminen und Qualität gesteigert werden. „Damit dieser Prozess letztlich gelingt, gilt es, das in vielen Unternehmen vorherrschende Silodenken konsequent abzubauen“, warnt Schmidt, aus dessen Sicht sich auch wesentliche Elemente der von Toyota entwickelten Lean-Prinzipien auf die Bauwirtschaft übertragen lassen – Stichwort: Lean Contruction.
Dabei handelt es sich um einen integralen Ansatz für die Planung, Gestaltung und Ausführung von Bauprojekten. Die Wurzeln der Lean Construction liegen in der Lean Production, die die Gestaltung und Planung der Prozesse in der Produktion, Beschaffung und Montage in einigen Wirtschaftsbereichen regelrecht revolutioniert hat. Grundlage von Lean Construction sind zudem Ansätze von Lean Thinking, die sich am Wertschöpfungsprozess orientieren, um den Wert zu maximieren und die Verschwendung in den Prozessen zu minimieren. So werden die Planung und ihre Ausführungsprozesse ganzheitlich betrachtet und gestaltet, um die Bauherrenbedürfnisse besser zu erfüllen. Die Arbeit wird durchgehend durch den gesamten Prozess so organisiert, dass der Wert für die Kunden maximiert und Verschwendung reduziert wird. Darüber hinaus konzentrieren sich die Optimierungsbemühungen auf die Verbesserung der Gesamtleistung des Projekts, anstatt auf die Optimierung einzelner Teilbereiche. Prozesse werden vorausschauend gesteuert, um Varianzen in der Leistung der einzelnen Prozessschritte zu verringern und somit für einen stetigen Produktionsfluss zu sorgen.
Schmidt: „Das alles macht deutlich, dass wohnungswirtschaftliche Unternehmen eine klare Strategie brauchen. Tauschen Sie daher Erfahrungen mit Fachkollegen aus“, so der abschließende Rat des Experten.
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