Neue Gestaltungsmöglichkeiten für Kommunen – mehr Rechte für private Bauherren
Am 31. März 2017 hat der Bundesrat dem Gesetzentwurf zugestimmt, mit dem das Bauplanungsrecht und das Bauvertragsrecht abgeändert werden. Mit der Reform werden zahlreiche Vorschriften angepasst und neu eingeführt. Über die wichtigsten Neuerungen haben die Justiziare Franco Höfling und Hans-Ulrich Niepmann Mitglieder des BFW Baden-Württemberg bei einem Seminar in Stuttgart informiert.
Novelle des Bauplanungs- und Bauvertragsrechts
Im Bauplanungsrecht bestehe nun die Möglichkeit, in bestimmten Fällen im beschleunigten Verfahren Bebauungspläne aufzustellen. „Beim beschleunigten Verfahren entfallen unter anderem umfangreiche Beteiligungsverfahren wie zum Beispiel die Einbindung von Trägern öffentlicher Belange und spezielle Vorprüfungsprozesse“, erklärt Höfling. Nach dem neuen Paragraf 13b BauGB soll das beschleunigte Verfahren auch bei der Überplanung von Außenbereichsflächen von weniger als 10.000 Quadratmetern angewendet werden. Da diese Regelung mit den bisherigen planungsrechtlichen Prinzipen bricht, soll diese Möglichkeit bis zum 31. Dezember 2019 befristet sein. Voraussetzung ist auch, dass sich die zu überplanende Fläche unmittelbar an einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil anschließt. Bisher war das beschleunigte Verfahren nur für Nachverdichtungen und Umnutzungen im Innenbereich vorgesehen. „Insbesondere ländlich und kleinstädtisch geprägte Kommunen sollten nun prüfen, welche Gebiete für eine rasche Bebauung in Betracht kommen. Die Zeit drängt nicht nur, weil die Regelung befristet ist, sondern weil schnell möglichst viel Wohnraum benötigt wird“, so Höfling weiter.
Im neuen Gebietstyp „Urbanes Gebiet“ soll sich Wohn- und Gewerbenutzung mit (nicht großflächigem) Einzelhandel, Büro, kulturellen, sozialen und sonstigen Einrichtungen mischen. Anders als noch im Referentenentwurf vorgesehen, lässt man jetzt Spielraum bei der Ausgestaltung der Nutzungsmischungen. Es soll den planenden Gemeinden überlassen bleiben, durch Gliederungen des Gebietes oder innerhalb der Geschossigkeit der Gebäude hierzu Vorgaben zu machen.
Die Verdichtung soll in ähnlichem Maße wie in Gewerbe- und Industriegebieten beziehungsweise in Kerngebieten zulässig sein. Die einzuhaltenden Grenzwerte der TA Lärm sollen auf tagsüber 63 dB (A) und nachts 48 dB (A) erhöht werden. „Mit dem ‚Urbanen Gebiet‘ schafft der Gesetzgeber nicht nur die Möglichkeit, im innerstädtischen Bereich nachzuverdichten, sondern auch, dass Gegenden entstehen, die den tatsächlichen Bedürfnissen der Bewohner gerecht werden oder neu entstehen. Denn viele Menschen schätzen die Vorteile der Infrastruktur einer Stadt in unmittelbarer Nähe zu ihrer Wohnung“, sagt Höfling.
Die Änderungen beim Bauvertragsrecht, das gleichzeitig erstmals Einzug in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) erhält, treten zum 1. Januar 2018 in Kraft. Neben mehr Rechtssicherheit und -klarheit erwartet die Verbraucher damit vor allem auch mehr Transparenz hinsichtlich Vorschriften und Verträgen. „Für viele Wohnungsunternehmen bedeutet das neue Bauvertragsrecht hingegen eine große Umstellung“, betont BFW-Justiziar Niepmann. Betroffen seien allerdings nur Verträge, die ab dem Stichtag 1. Januar 2018 abgeschlossen werden. „Altverträge sind von der Änderung nicht betroffen“, so Niepmann weiter. Die Änderungen betreffen derweil nicht nur Regelungen für Verbraucherbauverträge, was ursprünglich erklärtes Ziel des Reformvorhabens war. Die Reform betrifft vielmehr nahezu alle Bau- und Planungsverträge im geschäftlichen Bereich. Vergaberechtlich relevant sind hierbei die Änderungen, die Abweichungen zu den Regelungen der VOB/B beinhalten.
Baufirmen müssen ihren Kunden in den Verträgen ein 14-tägiges Widerrufsrecht einräumen. Dadurch sollen Verbraucher davor geschützt werden, einen Vertrag übereilt abzuschließen. Bisher war ein solches Recht bei der Unterschrift unter einen Bauvertrag nicht vorgesehen. „Was zum Beispiel bei Handyverträgen schon lange üblich ist, gilt jetzt endlich auch beim Hauskauf“, erläutert Niepmann. Der Unternehmer muss die Kunden darüber auch belehren. Fehlt die Klausel im Vertrag, ist ein Widerruf bis zu zwölf Monate nach Vertragsschluss möglich. Des Weiteren sind Bauunternehmen fortan in der Pflicht, den Verbrauchern vor Vertragsabschluss einen Überblick über die angebotene Leistung zu geben. Dies soll es den Kunden erleichtern, verschiedene Angebote einfacher zu vergleichen. Dadurch soll ein Qualitätswettbewerb entstehen, der es Bauherren ermöglicht, nicht nur nach dem vermeintlich billigsten Angebot zu entscheiden, sondern auch das für sie beste zu finden.
Verzögerungen sind für Bauherren ein Problem. Können sie später als geplant einziehen, entstehen weitere Kosten. Diese können sie künftig an den Bauunternehmer weiterreichen. Denn laut dem neuen Bauvertragsrecht müssen die Firmen verbindliche Angaben zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Hauses treffen. Halten sie sich nicht daran, müssen sie Schadenersatz leisten. „Bauherren haben so mehr Vertragssicherheit“, erklärt Niepmann.
Darüber hinaus dürfen Firmen künftig maximal 90 Prozent der vereinbarten Gesamtvergütung als Abschlagszahlung fordern. Der Rest wird nach der Abnahme fällig. „Das mindert das Überzahlungsrisiko“, so Niepmann weiter. Auch müssen Baufirmen künftig Unterlagen zum Nachweis der Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften übergeben. Dazu zählen etwa Genehmigungsplanungen oder Nachweise zur Energieeinsparverordnung.
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