Nur der BFW nimmt die Interessen der Bauträger konsequent wahr

Rund anderthalb Jahre nach dem ersten Treffen haben die Mitglieder des Bündnisses für Wohnen Stuttgart mehrheitlich ein Eckpunktepapier verabschiedet, mit dessen Hilfe die Zahl bezahlbarer Wohnungen für einkommensschwache Haushalte wieder steigen soll. Wohnungswirtschaft und Stadtverwaltung verpflichten sich unter anderem dazu, jährlich mindestens 1.800 Neubauten, davon 600 im geförderten Wohnungsbau, zu realisieren und bestehenden Wohnraum zu erhalten. Als einziger Verband hatte der BFW Baden-Württemberg gegen das vorgelegte Bündnispapier gestimmt.

Der Einladung von Oberbürgermeister Fritz Kuhn zum dritten Treffen des Bündnisses waren rund 40 Akteure des Wohnungsmarkts gefolgt. Als Vertreter des BFW-Landesverbands hat Geschäftsführer Gerald Lipka an der Sitzung teilgenommen, die von zwei Arbeitskreisen vorbereitet worden war. Der Bürgermeister für Städtebau und Umwelt, Peter Pätzold, hat den Arbeitskreis I „Bebauungspläne, Baurecht, Baugenehmigungsverfahren, Mobilisierung von Grundstücken“ geleitet, der Erste Bürgermeister Michael Föll den Arbeitskreis II „Wohnbauförderung, Erhalt der Belegungsbindungen sowie Wohnungsbelegungen, weitere Finanzierungsmodelle“.

Gemäß des verabschiedeten Eckpunktepapiers soll bei städtischen Grundstücken in größeren städtischen Entwicklungsgebieten der anteilig geförderte Wohnungsbau auf 80 Prozent erhöht werden. 60 Prozent davon sind für den sozialen Mietwohnungsbau vorgesehen, wobei die Hälfte in mittelbarer Belegung erfolgen kann, 10 Prozent Mietwohnungen für mittlere Einkommensbezieher und 10 Prozent für preiswertes Wohneigentum vorbehalten. Nur die restlichen 20 Prozent stehen für Baugemeinschaften und freifinanzierte Miet- oder Eigentumswohnungen von Bauträgern zur Verfügung.

Diese Strategie sieht der BFW kritisch, da für die Bauträger das Instrument der mittelbaren belegung nicht nutzbar sein wird. „Bauträger werden danach auch bei künftigen größeren städtischen Entwicklungsgebieten kaum noch Chancen auf einen Grundstückserwerb haben“, gibt BFW-Geschäftsführer Lipka zu bedenken. Für die verbleibenden Restflächen bestehe extremer Wettbewerbs- und Preisdruck. „Sollte die Landeshauptstadt Stuttgart darüber hinaus eine Grundstücksbevorratung beabsichtigen, so kann durch Ausübung des Vorkaufsrechts die Gesamtheit der Bauträgerunternehmen auf absehbare Zeit im Stadtgebiet aus dem Wettbewerb gedrängt werden. Schon fast einem Affront kommt es gleich, dass die Vertreter der Stadt in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass Bauträger dann eben ihr Geschäftsmodell ändern sollten“, so Lipka weiter.

Mit aller Deutlichkeit hatte der BFW Baden-Württemberg in der Bündnissitzung kritisiert, dass die Diskriminierung der Bauträger jedenfalls nicht die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart und allen am Wohnungsbau beteiligten Gruppen darstellt, die den bisherigen Bündnisgesprächen zugrunde gelegt war. Der BFW Baden-Württemberg hat als einziger Verband gegen das Bündnispapier gestimmt. Dennoch wurde das vorgelegte Bündnispapier von den anwesenden Teilnehmern bei nur drei Gegenstimmen akzeptiert. Nicht nachvollziehbar ist aus Sicht des BFW Landesverbands Baden-Württemberg, dass auch der IWS Stuttgart dieser Vereinbarung zugestimmt hat. Lipkas Fazit fällt entsprechend deutlich aus: „Nur der BFW Landesverband Baden-Württemberg nimmt die Interessen der Bauträger in Stuttgart und Umgebung konsequent wahr. Dennoch wird der BFW auch weiterhin das Gespräch mit den Vertretern der Landeshauptstadt Stuttgart und den Bündnispartnern suchen.“

Nach Präsentation der Ergebnisse zieht OB Kuhn dennoch ein positives Zwischenfazit: „Wir haben uns auf wertvolle Ziele geeinigt. Alle Akteure haben ein klares Bekenntnis für mehr bezahlbare Wohnungen abgegeben. Zentral ist: Die Wohnungsbauunternehmen und die Stadt steigen wieder in den sozialen Wohnungsbau ein. Mittelfristig wird ein Zuwachs von Belegungsrechten im geförderten Wohnungsbau gelingen.“ Dafür werden laut Kuhn unter anderem die städtischen Förderprogramme optimiert und für Wohnungsbauunternehmen attraktiver.

Städte und Kommunen der Region stehen gemeinsam in der Verantwortung

Wohnungsbau auf der grünen Wiese erteilt das Stadtoberhaupt derweil eine klare Absage: „Wir halten bei der Weiterentwicklung am Stuttgarter Maß fest. Dabei setzen wir auf die Innenentwicklung. Denn anders als München oder Hamburg können wir nicht in der Fläche wachsen“, so Kuhn weiter. Seinen Angaben zufolge kann Stuttgart die Herausforderung des bezahlbaren und geförderten Wohnungsbaus auch nicht allein lösen. Aufgrund der hohen Verdichtung und der Vernetzung der Region würde dies dem Thema nicht gerecht werden. Der OB unterstreicht, dass es sich um eine gemeinsame Aufgabe und Verantwortung der Städte und Kommunen in der Region Stuttgart handelt.

Finanzbürgermeister Michael Föll erkennt bereits „eine neue Dynamik beim geförderten Wohnungsbau. Klar ist: Es wird auf mittlere Frist gesehen mehr sozial geförderte Wohnungen in Stuttgart geben.“ Aktuell kann die Stadt auf 18.000 geförderte Mietwohnungen zugreifen. Weil die Zinsen niedrig sind, begannen die Unternehmen jedoch, Förderdarlehen zurückzuzahlen und damit die Preisbindung aufzuheben. Derzeit fallen 450 Wohnungen pro Jahr aus der Belegungsbindung. Um die Anzahl der sozial geförderten Wohnungen kurzfristig zu stabilisieren und dann auch ausbauen zu können, hat die Stadt neue Vorgaben für ihre Entwicklungsflächen gemacht. Neben einer Grundstücksverbilligung von bis zu 45 Prozent sollen die Bauherren künftig wenn nötig einen Zuschuss erhalten, der ihnen eine Eigenkapitalverzinsung von bis zu vier Prozent garantiert. Die Bindung läuft 25 Jahre. Die Mieten in den Sozialwohnungen sollen künftig je nach Lage und Bodenpreisen zwischen 7,50 und 9 Euro pro Quadratmeter liegen.

So sollen beispielsweise im Neckarpark, auf dem Schoch-Areal, dem Bürgerhospital-Areal und in der Böckinger Straße künftig 60 Prozent klassische Sozialwohnungen entstehen, 10 Prozent sollen Bürger mit mittleren Einkommen nutzen können, und 10 Prozent sollen dem Programm „Preiswertes Wohneigentum“ angehören. Auf diesen neuen Flächen soll zwar mehr als die Hälfte für den Sozialwohnungsbau reserviert werden, die Gesellschaften sollen aber die Hälfte der Einheiten in ihrem stadtweiten Bestand umwidmen können, so dass letztlich nur 30 Prozent der Neubauten sozial gebunden sind. „Damit können wir eine ausgewogene soziale Durchmischung in den Quartieren herstellen“, betont Föll, der gleichzeitig darauf hinweist, dass die Stadt das zur Erreichung der Ziele nötige Geld im Haushalt bereitstellen werde.

Die Bündnis-Mitglieder wollen sich künftig einmal im Jahr im Plenum treffen

Städtebaubürgermeister Pätzold sieht derweil einen konstruktiven, auch kritischen Austausch. „Das hilft uns, laufende Prozesse zu überdenken und neue zu starten. Zusammen mit den Wohnungsbauträgern, deren Vielfalt im Bündnis deutlich wird, können wir im Dialog daran arbeiten, städtebauliche Ziele zu erreichen.“ Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Stuttgarter Wohnungsunternehmen, Thomas Wolf, sagte: „Es ist gut, dass die breite Mehrheit des Bündnisses das Grundlagenpapier mitträgt. Wir haben damit eine sehr gute Basis, die Ziele zu erreichen. Bei der Umsetzung werden wir Detailfragen in einem kooperativen Dialog beantworten können.“

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