„Persönlicher Kundenkontakt soll nicht ersetzt, sondern effizienter werden.“

In unserer Interview-Reihe „Im Fokus“ verraten Expertinnen und Experten der Wohnungswirtschaft, was die Branche wirklich bewegt. In dieser Ausgabe spricht KI- Koryphäe Mario Nagel, CEO und Co-Founder von MANAGBL.AI über den Einfluss von KI in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft. Nagel rät Unternehmen, offen gegenüber neuen Technologien zu sein und so ihre Effizienz und Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern.

iwm-aktuell: Künstliche Intelligenz beeinflusst schon länger unser Alltagsleben, vor allem in Sachen Datenschutz und Kommunikation. Inwiefern hat KI die Immobilienbranche in den vergangenen Jahren beeinflusst und verändert?

Mario Nagel: Im Kundenservicebereich, insbesondere in der Kommunikation zwischen Mietern und Wohnungsunternehmen, Hausverwaltungen, und Eigentümern, hat der Einsatz von KI die Mitarbeiterzufriedenheit spürbar erhöht. Automatisierte Anrufannahmen und Telefonassistenten übernehmen Routineaufgaben, wie die Bearbeitung immer wiederkehrender E-Mails und Fragen. Aus Rückmeldungen unserer Kunden wissen wir, dass Mitarbeiter dadurch entspannter, ausgeglichener und effizienter arbeiten. Sie haben mehr Zeit für anspruchsvollere Tätigkeiten und müssen sich nicht mehr mit wiederkehrenden, oft frustrierenden Aufgaben auseinandersetzen. Gleichzeitig werden durch den Einsatz von KI generell Prozesse effizienter und schlanker, lästige Zettelwirtschaft entfällt. Es geht nicht darum, den persönlichen Kontakt zu ersetzen, sondern ihn qualitativ zu verbessern. Auch das Thema Transparenz spielt eine große Rolle: Durch automatisierte Ticketsysteme können Kunden den Status ihrer Anliegen problemlos online nachverfolgen.

Welche KI-getriebenen Veränderungen und Herausforderungen kommen auf die Unternehmen der Branche in den kommenden Jahren zu?

Bisher lag der Fokus auf dem „First Level Support“, also der ersten Anlaufstelle bei Kundennachfragen. Der nächste Schritt ist jetzt die Erweiterung auf den „Second Level Support“, sodass auch komplexere Probleme automatisch beantwortet und gelöst werden können. Viele Softwareunternehmen arbeiten momentan an dieser Herausforderung, wobei die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Unternehmen funktionieren muss, um beispielsweise automatisierte Schlüsselbestellungen oder Versendungen von Nebenkostenabrechnungen möglich zu machen. Ich bin optimistisch, dass das nach und nach gelingen wird. Auch die Sprachbarriere wird in den nächsten Jahren dank KI kaum noch eine Rolle spielen, was die internationale Kommunikation erheblich erleichtern und Missverständnisse reduzieren wird. Das Thema Datenschutz bleibt weiterhin spannend. Betroffen sind durch den EU AI Act besonders Softwareunternehmen, die mit hochsensiblen Daten arbeiten. Hier sollte man stets neue Regularien im Blick behalten. Wohnungsunternehmen haben dann auch eine erhöhte Dokumentationspflicht, die jedoch durch die Auftragsdatenverarbeitung und geltende Datenschutzrichtlinien der Softwareunternehmen abgedeckt wird. Die Frage ist, wie viel mehr Sorgfalt bei der Dokumentation erforderlich sein wird.

Wie können Unternehmen am besten auf diese neue Realität reagieren? Worauf sollten sie achten: Was sollten sie tun und was vermeiden?

Ausschlaggebend ist der Standort des Servers: Ideal ist ein Standort in Deutschland oder der EU. Das Wichtigste für Unternehmen wird zukünftig sein, transparent zu bleiben, das heißt: sie müssen ihre Kunden darauf hinweisen, dass sie mit einer KI kommunizieren und dass Daten aufgezeichnet werden. Diese Hinweise müssen auch in die Datenschutzerklärung aufgenommen werden. Diese Informationspflicht gilt nicht nur für Telefonansagen, sondern auch für die Kommunikation in sozialen Medien und für KI-erstellte Bilder.

Was ist aus Ihrer Sicht der größte Vorteil, den KI für die Wohnungswirtschaft bereithält? Gibt es Nachteile?

Der Einsatz von KI bringt Vorteile für Mitarbeiter und Bewohner mit sich. Mitarbeiter spüren eine deutliche Arbeitserleichterung im Alltag und Bewohner profitieren von einer schnellen Bearbeitung ihrer Anliegen. Der reduzierte Arbeitsstress sorgt zusätzlich dafür, dass die Mitarbeiterzufriedenheit steigt, was insbesondere für Unternehmen auf dem Land, wo Personalmangel herrscht, von großer Bedeutung ist. Immobilienverwaltungen, die oft als Dienstleister tätig sind, können zudem Kosten sparen. Besonders familiengeführte Betriebe, die ohne Automatisierung und KI in Zukunft möglicherweise nicht überlebensfähig wären, profitieren stark. Hier muss man unterscheiden zwischen größeren Wohnungsunternehmen, die finanziell besser aufgestellt sind, und klassischen Hausverwaltungen.

Inwiefern unterstützt MANAGBL.AI Firmen der Wohnungswirtschaft dabei, sich an die „neue KI-Welt“ anzupassen?

Wir haben festgestellt, dass die Branche oft zögerlich ist, wenn es um die Implementierung neuer Softwarelösungen und IT-Systeme geht. Die Unternehmen, die den Schritt gewagt haben, sind jedoch begeistert von der kurzen Onboarding-Zeit und der minimal nötigen internen Umstrukturierung. Ich empfehle, schrittweise vorzugehen und nicht alles auf einmal umzusetzen, auch um die Motivation der Mitarbeiter zu erhalten.