“Weitere Preissteigerungen könnten dem Wohnbau massiv schaden”

Neben der fachkundigen Beratung seiner Mitgliedsunternehmen ist die politische Interessensvertretung der privaten Immobilienwirtschaft ein Kernelement der BFW-eigenen Tätigkeit. Als wichtiger Ansprechpartner für politische Entscheidungsträger bezieht der Verband regelmäßig Stellung in hochkarätigen Gremien zu wohnungspolitischen Themen.

Ende Oktober 2022 hatte Gerald Lipka, Geschäftsführer des BFW Baden-Württemberg vor dem Landesministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft die Gelegenheit, Stellung zur geplanten Novelle des Klimaschutzgesetzes Baden-Württemberg zu nehmen. Auszugsweise sind die wichtigsten Passagen zusammengefasst.

„Wie schon bei unserer vorangegangenen Stellungnahme zum Ausdruck gebracht, unterstützt der BFW Baden-Württemberg im Grundsatz die ehrgeizigen Ziele des Landes zur Erreichung der Klimaschutzziele. Dabei geht das Land zutreffend davon aus, dass einige Folgen des Klimawandels nicht mehr verhindert werden können und der Gesetzentwurf daher auch Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels enthält. Aufgrund der Komplexität der Thematik ist der Ansatz des Gesetzgebers ebenfalls richtig, die definierten Klimaschutzziele als Ziel in einer Reihe weiterer Einzelgesetze zu verankern. Hierdurch wird die hohe Bedeutung für die landespolitische Gestaltung verdeutlicht. Allerdings müssen wir als Unternehmerverband auch vor einer potenziellen wirtschaftlichen Überforderung der Bauherren warnen“, so Geschäftsführer Gerald Lipka.

Mehrkosten durch Klimaschutzmaßnahmen völlig unklar

„Im Grundsatz erkennt der Gesetzgeber diese Problematik selbst, da er schon in der Einleitung darauf hinweist, dass die Umstellung von Wirtschaft und Gesellschaft auf klimaneutrale Prozesse mit enormen Kosten auch monetärer Art verbunden sind. Ein Umgang mit dieser wirtschaftlichen Frage und mit dieser möglichen Überforderung der Akteure bleibt in dem Entwurf jedoch völlig offen. Gerade vor dem Hintergrund der durch den völkerrechtswidrigen Krieg in der Ukraine ausgelösten finanziellen und gesellschaftlichen Verunsicherung der Bevölkerung und der hierdurch ausgelösten konjunkturellen Schwäche gewinnen wirtschaftliche Fragen jedoch zunehmende Bedeutung.

Preissteigerungen hemmen bereits die Bautätigkeit

Für die im BFW Baden-Württemberg organisierten Unternehmen spielt dies für den Wohn- und Gewerbebau bereits jetzt eine erhebliche Rolle. Nach Angaben des statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2021 in Baden-Württemberg 62 Prozent aller Investitionen in den Wohnungsbau von privaten Haushalten finanziert. Weitere 32,8 Prozent der Investitionen in den Wohnungsbau wurden von Unternehmen aus der Wohnungswirtschaft getätigt. Gerade die Gruppe der privaten Investoren wird durch eine Inflation von rund 10 Prozent und von Finanzierungskosten, die sich gegenüber dem Jahr 2021 mehr als verdreifacht haben, bereits jetzt deutlich zurückhaltender mit ihrer Bereitschaft zu Investitionen in den Wohnungsbau. Demgemäß sind die Baugenehmigungszahlen im 1. Halbjahr 2022 gegenüber dem Vorjahr bei Wohngebäuden um rund 9 Prozent gesunken. Die Projektierung neuer Bauvorhaben stagniert. Und dies trotz einer weiterhin bestehenden hohen Nachfrage“, so Lipka weiter.

Mit dieser kurzen Skizzierung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen solle verdeutlicht werden, dass in der aktuellen konjunkturellen Situation Mehrkosten vom Markt nur schwer akzeptiert würden und daher mit dramatischen Auswirkungen für den Wohnungsbau und den hiermit befassten Unternehmen gerechnet werden müsse.

Potenziale zur Steigerung der Energieeffizienz gezielt nutzen

„Diese Folgen dürfen nicht unterschätzt werden!“, mahnte der Landesgeschäftsführer eindringlich. „Auch wenn einzelne Klimaschutzmaßnahmen langfristig sinnvoll sind, bedeuten sie dennoch zunächst in der Regel erhöhte Investitionskosten. Die in der Begründung des Gesetzentwurfes bereits angesprochenen enormen Kosten monetärer Art müssen daher bei jeder einzelnen gesetzgeberischen Maßnahme in der aktuellen Situation in besonderem Maße berücksichtigt und abgewogen werden. Denn unterbleiben Maßnahmen des Wohnungsbaus (Neubau oder Sanierung), so ist auch dies im Ergebnis klimaschädlich. Denn es werden nicht ertüchtige und wenig energieeffiziente Gebäude aus wirtschaftlicher Not weiter genutzt. Gerade der Wohnungsneubau oder die Kernsanierung bieten erhebliche Chancen für eine Klimaanpassung, da hier die technische Gebäudeausstattung und die Baustoffe CO2-optimiert geplant und eingesetzt werden können.

Die schon im 1. Halbjahr 2022 einbrechenden Baugenehmigungszahlen signalisieren, dass der Wohnungsneubau deutlich zurückgehen könnte. Dies sollte aus Sicht des BFW dringend verhindert werden, da nach wie vor ein hoher Wohnraumbedarf besteht und die vom Land 2017 selbst prognostizierten Wohnungsbedarfszahlen bislang nie erreicht wurden. Es reicht daher nicht aus, wenn im Entwurf darauf verwiesen wird, dass der finanzielle Mehraufwand für Bauherren aktuell nicht zu beziffern sei.

Politische Ziele im Immobiliensektor in Gefahr

Bei der Umsetzung der in den einzelnen vorgesehenen Maßnahmen ist gerade in konjunkturellen Krisenzeiten eine Einschätzung bei den anfallenden Mehrkosten erforderlich. Da sich ein Ende des Ukraine Krieges und der damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen derzeit nicht abzeichnet, muss weiterhin mit erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigungen gerechnet werden. Zumindest während der Dauer der Krise müssen daher auch die Auswirkungen der vorgesehenen Maßnahmen des Gesetzentwurfes auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt überprüft werden. Denn durch eine wirtschaftliche Überforderung könnten die Ziele der Wohnraumversorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum ebenso wie der Klimaschutz gefährdet werden.“

Keine Regel ohne gerechtfertigte Ausnahme

Und weiter: „Die nunmehr in § 21 des Gesetzentwurfes geregelte Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen hat gegenüber der vorherigen Fassung keine wesentliche Veränderung erfahren. Wie schon in unserer Stellungnahme vom 23.8.2021 zur bisherigen Fassung des Klimaschutzgesetzes ausgeführt, sollte in der Neufassung von § 21 Abs. 3 auch eine Innovationsklausel aufgenommen werden, die eine Befreiung von der Photovoltaikpflicht ganz oder teilweise ermöglicht, sofern durch eine andere Technologie in gleicher oder sogar besserer Weise eine CO2-neutrale Energieversorgung sichergestellt wird. Die Festlegung auf eine einzige Technologie wirkt für die Entwicklung neuer Technologien hemmend.

Zudem sollte ein Ausnahmetatbestand für eine persönliche wirtschaftliche Überforderung insbesondere bei Sanierungsfällen aufgenommen werden. Losgelöst von Herstellungskosten für eine Photovoltaikanlage könnten gerade ältere Menschen ohne großes Vermögen durch eine Photovoltaikpflicht persönlich wirtschaftlich überfordert werden. Die Erfüllung der Pflicht nach § 21 Abs. 1 kann nicht nur durch die Verpachtung geeigneter Flächen erfüllt werden. Die vorgesehene Regelung in § 21 Abs. 5 sollte deshalb neben der Verpachtung auch andere rechtliche Formen der Nutzungsüberlassung, wie Vermietung oder Erwerb entsprechender Flächen durch Dritte etc. ermöglicht werden, sofern hiermit dauerhaft die Versorgung der Immobilie mit Energie sichergestellt wird.

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